6-tages-tour
bergwanderung
mit Zelt und Selbstversorgung
09.08. -
14.08.2015
103,1
km
29:31
h
7.356 m up / 7.335
m down
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Start Sonntag 17:00 Uhr an der Jugendbildungsstätte des DAV in Bad Hindelang am Ortsausgang zu Bad Oberdorf. Das Wetter sieht nicht gut aus, ich laufe trotzdem los. Nach kaum einer halben Stunde höre ich Donner und schaffe es mit Mühe und Not meine Regenkleidung über zu werfen und schon schlägt mir der Regen horizontal ins Gesicht. Frohen Mutes gehe ich weiter bis ich irgendwo am Zipfelschrofen ein Weidezaun öffnen will, und in diesem Moment ca. 150 m vor mir ein Blitz mitten in die Wiese schlägt. Ich breche erst mal ab und suche Unterschlupf, auch vor dem Regen. Ein Jägerstand scheint erst mal das gröbste von mir fern zu halten, bis ich merke, dass dieser ein Blechdach hat. Schlecht gewählt, also weiter. Nach einer weiteren Stunde kann ich mein Glück nicht fassen, ich komme an einer Höhle an, die den perfekten Schutz vor dem Gewitter bietet. Ich klettere die Leiter hinauf, finde einen Balken auf dem ich meine Kleider zum Trocknen aufhängen kann. Die Höhle ist perfekt für die Nacht, ich breite mich aus und beobachte die ganze Nacht das Gewitter aus meiner sicheren Höhle. Ist fast wie Fernsehen. Die Höhle ist am Wildfräuleinstein, was ich erst später erfahre.
Um 5:20 Uhr gehts los, das Gewitter hat die ganze Nacht gewütet, aber ich war ja sicher in meiner Höhle. Inzwischen klart es auf, allerdings ist hier auf einer Höhe von 1.130 m noch sehr viel
Feuchtigkeit in der Luft. Ich steige weiter auf zur Willers-Alpe. Wenn ich gewusst hätte, wie nahe die doch ist, wäre ich gestern noch weiter gelaufen, aber meine Höhle war auch nicht schlecht.
Ein paar Frühaufsteher staunen nicht schlecht, als ich an Ihnen vorbeiziehe das Frühstück ausschlage und lediglich meine Wasservorräte auffülle. Ich will schliesslich auf den Berg, so früh
wie möglich.
Es geht weiter auf das Rauhhorn. Ein wunderschöner Alpiner Steig mit leichter Kraxelei, versüsst mir den Morgen. Herrlich so macht das Spass. Um 9:00 Uhr erreiche ich den Gipfel, erster und
allein, super!
Nun gehts auf dem Grat entlang leicht hinab zum Schrecksee. Ich folge dem Jubiläumsweg und bin völlig überrascht, als ich diesen zum ersten mal sehe. Eine Wahnsinnsidylle breitet sich vor mir
aus. Das sieht ja fast aus wie in Irland fährt es mir durch den Kopf. Ich überlege, ob ich hier Pause mache, doch ich halte nur kurz inne, ich hab mir ja noch ein paar Kilometer vorgenommen. Der
Wegweiser zeigt noch 4 1/2 Stunden bis zum Prinz-Luitpold-Haus an. Ich überquere die Lahnerscharte (1.982m), vorbei am Lahnerkopf (2.121m ), Schänzlespitz (2.052m), Schänzlekopf (2.070m),
Sattelkopf (2.097m), passiere die Lärchenwand (2.186m). Über die Bockkarscharte (2.162m) steige ich ab zum Prinz-Luitpold-Haus (1.846m). Der Wirt erzählt mir, dass er die ganze Zeit Probleme
mit seinem Stromaggregat hat, da vergangene Nacht der Blitz eingeschlagen hat, und ein fürchterliches Gewitter direkt über der Hütte gewütet hat. Die kommende Nacht soll es noch mal gewittern.
Ich entscheide spontan auf der Hütte zu übernachten und mein Zelt erst morgen Abend aufzuschlagen.
Es folgt ein geselliger Hüttenabend mit ein paar Weizenbier und netten Tischgesellen. So hatte ich mir meine Abende nicht vorgestellt, aber ein Blick aus dem Fenster sagt mir, dass ich die
richtige Entscheidung getroffen habe. Aus einer schwarzen Wolkenwand leuchten mächtige Blitze und ich bin froh ein ordentliches Dach (mit Blitzableiter) über dem Kopf zu haben.
Ich wache um 5:00 Uhr auf, entscheide mich spontan das Frühstück auszulassen und nutze die Gunst der Stunde für einen frühen Start. Ein paar verschlafene Gesichter blicken mich verwirrt an, als
ich um 10 vor 6 Uhr die Hütte verlasse und nicht auf das Frühstück warte. Ich folge der Via Alpina (blau) Richtung Süden (Kemptner-Hütte). Es geht erst bergab Richtung Schönberghütte (1.688m).
Der Weg beim Abstieg ist stark zugewachsen, beim Streifen des Gebüschs werde ich nasser als mir lieb ist. Ich hätte die Regenkleidung anlegen sollen. Auf dem Weg flüchten Murmeltiere keine 5 m
vor mir entlang des Weges, bis sie schliesslich ins Gebüsch abbiegen. Die Schönberghütte ist leer, die Fensterläden sind verschlossen, insgeheim hatte ich auf einen Kaffee gehofft. Es folgt ein
Anstieg zum Himmeleck (2.007m). Dann geht es nahezu auf einer Höhe vorbei an der ebenfalls unbewohnten Wildenfeldhütte (1.892m) zum Eissee (1.827m). Hinter mir sehe ich entfernt zwei Wanderinnen,
die mir mit schnellem Schritt folgen. Ich bin eigentlich immer zügig unterwegs, die zwei scheinen jedoch ein ähnliches Tempo am frühen morgen zu haben. Am Eissee mache ich auf einem der grossen
Felsbrocken direkt am See Rast. Eigentlich wollte ich laut meiner Planung hier übernachten. Aber die Tatsache, dass hier bestimmt 50 Kühe und zwei Esel rumstehen, verheisst mir eine unruhige
Nacht. Ausserdem bin ich meiner Planung voraus, es ist gerade mal 10:30 Uhr viel zu früh für einen Stop. Die zwei Wanderinnen kommen vorbei und tuscheln irgendwas, was ich nicht verstehe. Eine
halbe Stunde später breche ich auf und passiere die zwei am Auslauf des Sees. Wir grüssen uns freundlich, und sie tuscheln, schon wieder. Als ich den Anstieg zum Rauheck (2.384m) angehe, merke
ich, dass die zwei mir folgen. Mein Ehrgeiz, besonders im Anstieg will nicht zulassen, dass die beiden mich überholen. Ich bemerke, dass sie ähnlich denken. Daher das Getuschel. Ein kleiner
Wettkampf hier wo ich eigentlich alles runterfahren wollte? Von mir aus gerne! Am Gipfel angekommen, bin ich doch leicht verschwitzt, da ich das Tempo deutlich erhöht habe. Die beiden kommen ein
paar Minuten später an, und erzählen mir dass sie gerade von einem 4-wöchigen Trip aus Kirgisistan kommen. Ihre lebhaften Erzählungen wecken wieder meine Abenteuerlust, gilt Kirgisistan doch als
Wanderparadies. Auf jeden Fall, weiss ich jetzt, warum die beiden so fit sind. Sie sind nun eine Woche im Allgäu zum "Auslaufen". Wir gehen entlang des Grates vom Rauheck übers Kreuzeck
bis zum Oberhof, wo ein Wegweiser unsere Wege trennt. Kirgisistan, 4 Wochen! Das wäre auch noch was. Ich bin begeistert. Ich steige nun ab zum Marchloch in Richtung Hermann-von-Barth-Hütte
(2.129m). Ich folge dem Düsseldorfer Weg, biege aber bald ab und gehe ca. 850 m ins Gelände, finde einen wunderschönen versteckten kleinen See und beschliesse hier zu nächtigen. Es ist früh
gerade mal 13:30 Uhr, aber ich geniesse die Einsamkeit und lege mich ein paar Stunden in die Sonne, die sich mittlerweile immer öfter zeigt. Das Wetter scheint sich tatsächlich zu beruhigen. Mein
Biwakplatz ist einer der schönsten, die ich bisher gefunden habe, eine Gämse beobachtet mich, wie ich mein Abendessen zubereite und danach mein Zelt aufbaue.
Nach einer supererholsamen Nacht wache ich pünktlich zum Sonnenaufgang auf und ein herrlicher Blick auf das Hornbachtal erwartet mich. Dort hin werde ich heute absteigen müssen um dann den
Hochvogel zu erklimmen. Vorher geht es jedoch erst bergauf zur Marchscharte (2.424m), eine wundervolle Felslandschaft erwartet mich. Der Düsseldorfer Weg ist genau nach meinem Geschmack, deswegen
bin ich hierhergekommen. Nach dem Überqueren der Marchscharte durchquere ich das Birgerkar unterhalb der Ifenspitzen (2.552m). Ich sehe begeistert unzählige Biwakplätze und bin mir sicher, dass
ich nicht das letzte mal hier bin. Doch es ist gerade 10:00 Uhr, also viel zu früh für ein Biwak, ich muss weiter. Schroff geht es über die Ausläufer der Ifenspitzen zur Hermann-von-Barth-Hütte.
Den Düsseldorfer Weg bin ich definitiv nicht zum letzen Mal gegangen. Es ist gerade mal 11:00 Uhr und ich erreiche die Herrmann-von-Barth-Hütte. Diese ist per Lift erreichbar und so wundere ich
mich nicht über eine Familie deren Kinder völlig demotiviert, offenbar kaputt vom Vortag, ihre Eltern nerven, die unbedingt auf die Plattenspitze wollen. Der Wirt scheint meine Gedanken zu lesen
und weist sie dezent drauf hin, dass das eine "rechte Anstrengung" wäre und sie doch lieber den schönen Tag an der Hütte geniessen sollen. Ich denke nur: "Gut für alle Beteiligten" und gehe
weiter. Die Bedienung frägt mich wo ich hinwolle, und warnt mich vor den alpinen Gefahren des Schöneggerkars bis zur Schöneggerscharte. Wenn die wüsste, was ich bereits hier mir habe...
Ich lächle nur und gehe munter weiter.
Ich geniesse den Weg zur Schöneggerscharte (2.257m) entlang der Wolfebnerspitzen (2.432m), eine wunderschöne Aussicht in den Naturpark Tiroler Lech begleitet mich bis zur Scharte. Der Abstieg auf
der anderen Seite der Scharte führt über einen steinigen leicht abschüssigen Weg durch das Schöneggerkar. mitten auf dem Weg ligen zwei paar verlassenen Wanderstöcke. Ich halte an, suche
verzweifelt nach den Besitzern und frage mich, oft die Stöcke vergessen wurden, oder absichtlich hier deponiert wurden. Vielleicht sind die Besitzer klettern gegangen. Warum haben sie die Stöcke
dann hier deponiert, mitten auf dem Weg. Ich werde es wohl nie erfahren und gehe weiter. Langsam steige ich ab ins Hornbachtal. Der Weg dreht nach Osten und ich komme in die "Faule Wand". Das ist
wohl der hinterhältigste Wanderweg der mir je begegnet ist. Habe ich doch die letzten Tage ein zwei mal bereut, dass ich statt meiner Bergstiefel "nur" die Trekkingstiefel mitgenommen habe. Ich
habe mir dabei geschworen die mittlerweile doch recht alten Trekkingstiefel baldmöglichst zu erneuern. Sie haben mich bisher auf über 2.100 km bei mehr als 110.000 Höhenmetern treu begleitet. Die
Sohle ist abgenutzt und deutlich härter geworden. Genau dieser Umstand führt dazu, dass dieser Abstieg durch die "Faule Wand" der gefährlichste Teil meiner Tour wird. Der Weg passiert ein recht
steiles Gelände mit einem sehr schmalen Pfad, gerade mal 20 cm breit. Es geht über feuchte Wiesen, der Weg ist kaum erkennbar und alles ist feucht. Diese Verhältnisse sind offenbar das ganze Jahr
über so, die Wege trocknen nie aus und sind somit ständig rutschig. Ich verfluche meine Schuhe rutsche mehrfach aus, einmal wäre ich beinahe gestürzt. Ich habe mir dabei doch glatt das Knie
aufgeschürft, im Gras, das gibts doch nicht. Ich schwöre mir, diesen Weg nie wieder zu gehen und bin nach knapp zweistündigem Abstieg froh endlich unten anzukommen. Was für ein be****er Weg. Hier
hatte ich tatsächlich das erste Mal ernsthaft Angst abzustürzen, das gibts doch nicht.
Den ganzen Abstieg lange habe ich auf eine Stelle gehofft, an der ich mich abkühlen könnte. Es war wie verhext, kein Bach kein See, kein Teich, nur eine feuchte faule Wand. Die Sommerhitze hat
mir ordentlich eingeheizt und ich wollte unbedingt eine Erfrischung. Erst unten im Hornbachtal finde ich im Bachlauf des Hornbachs endlich eine Stelle an der ich mir das kühle Wasser ins Gesicht
werfen kann. Am Birkentalbachsteg erfrische ich mich und werde von einer Wanderin angesprochen. "Warst drin? Herrlich, weiter unten kommt eine Stelle, an der man wunderbar ins Wasser kann!"
Motiviert gehe ich weiter und suche die Stelle, die gefällt mir aber nicht, da hier schon wieder viele "Touristen" unterwegs sind. ich gehe weiter und finde eine viel bessere Stelle, ziehe mich
aus und springe in das kühle Nass. Völlig überrascht stelle ich fest, dass der Hornbach viel kälter ist als ich erwartet habe. Egal, das wars wert, erfrischter als von jeder Dusche trockne ich
mich in der Sonne und gehe weiter. Im Adler in Hinterhornbach (abgestiegen auf 1.100m) geniesse ich eine eiskalte Apfelschorle und ein Stück Kuchen, bevor ich mich zum Aufstieg zum Hochvogel
(2.592m) aufmache. Der Hochvogel ist der höchste und markanteste Berg hier in den Allgäuer Hochalpen. Fast ständig auf meiner Tour erhasche ich immer wieder einen Blick auf diesen Berg. Ich will
unbedingt noch heute Abend ein Stück des Anstiegs schaffen um zum Einen der Zivilisation möglichst weit wieder zu entkommen und zum Anderen eine leichtere Route für morgen zu haben. Die Wirtin
und ein Mountainbiker zollen mir Respekt, als ich erzähle wo ich herkomme und heute noch hin will. Ein älterer Gast bekommt ganz verträumte Augen, als ich ihm erzähle, dass ich 6 Tage nur mit
meinem Zelt und Kocher unterwegs bin, er ist wohl zu alt für solche Trips, wäre aber offensichtlich gerne mitgegangen.
Beim Aufstieg zum Hochvogel über den Bäumeheimer Weg stosse ich auf ein Schild das mir anzeigt, dass der Weg wegen Bergsturzgefahr gesperrt ist. Ich zögere kurz, ob ich diese Schild ignorieren
soll, erinnere mich aber dunkel, dass ich im Prinz-Luitpold-Haus einen Hinweis gelesen habe, dass dieser Weg aufgrund mehrfachen Felssturzes gesperrt bleibt. Der Aufruf klang ziemlich ernsthaft
und schweren Herzens beschliesse ich mich zu fügen und schlage eine Alternativroute über den Fuchskar ein. Schade, das sollte der Höhepunkt meiner Tour werden, nicht nur geographisch gesehen.
Vorbei an der Schwabegghütte steige ich auf bis zur Mute (1.900m) auf der ich einen herrlichen Schlaflatz finde.
Ein Blick aus dem Zelt um 5:00Uhr, beschert mir wieder einmal einen wundervollen Sonnenaufgang. Ich gehe los, ein Hinweisschild erinnert mich mit Nachdruck den Bäumeheimer Weg zu vergessen. Dann
eben nicht. Ein paar Gämse sind genau so früh wach und am Kuhkar kann ich ihnen recht nahe kommen, ohne sie zu verjagen, oder zu erschrecken. Ich passiere den Fuchsensattel (2.039m) und gehe zum
Fuchskar am nordöstlichen Fuss des Hochvogel. Eine kleine Klettereinlage am Fuchsensattel ist zu passieren, bis es durch den "kalten Winkel" über die Balkenscharte (2.170m) wieder zum
Prinz-Luitpold-Haus geht. Ab hier gehe ich ein kurzes Stück denselben Weg wie vorgestern, allerdings heute mit deutlich besserem Wetter.
Ich gehe erneut um den Wiedemer Kopf (2.163m) entlang "Auf der Sulz" zur Schönberghütte und stelle fest, dass ich schon wieder von den Pflanzen durchnässt werde, die über den Weg hängen.
Eigentlich hätte ich das wissen müssen, dachte aber nicht, dass hier immer noch alles so nass ist. Kurz nach der Schönberghütte verlasse ich den bereits begangenen Weg und steige auf über die
Zwerenwand (1.800m) zum Laufbecher Eck (2.178m). Dieses mal folge ich der Via Alpina auf dem violetten Weg. Ich komme am Laufbecher Eck an um eine wohlverdiente Pause einzulegen, doch hier
sind bereits so viele "Freizeitwanderer" mit so "erbärmlicher" Ausrüstung, dass es mir keine Ruhe lässt, ich muss hier weg. Ich frage mich, was die machen, wenn das Wetter umschlägt, aber
vermutlich ist die nächste Seilbahn nicht weit weg. Ich vergesse trotz all der friedvollen Einsamkeit hier, dass ich immer noch kaum einen halben Tag weg vom nächsten Dorf bzw. der nächsten Stadt
bin. Völlig entsetzt, ob des mich um ein einsames, zweites Frühstück auf dem höchsten Punkt betrogenen Päuschens, ziehe ich weiter. Die Berge gehören wohl doch nicht mir alleine ;-).
Ich gehe weiter vorbei am Lachenkopf (2.111m) um den Schrochen (2.100m) und glaube nicht was ich sehe, hunderte von Wanderern füllen alle Wege, vorbei mit der Einsamkeit. Ich begreife, dass ich
in das Einzugsgebiet der Nebelhornbahn von Oberstdorf eintauche. Es ist bereits mittag und viele Spaziergänger nutzen die Seilbahn um mal schnell auf den Berg zu kommen. Ich hatte diese Gebiet
bei der Planung bewusst gemieden, da ich ja die Einsamkeit der Berge geniessen wollte, aber ganz ohne diesen Bereich zu streifen ging es nicht. Ich gehe immer schneller überhole alles was auf dem
Weg ist um nur schnell hier weg zu kommen. Als mir ein älteres Ehepaar entgegen kommt, das gerade ein Warnschild zum Thema "alpine Gefahren" passiert hat, stellt sie mir die Frage, ob es um die
Ecke genau so steil ist, ich gehe kopfschüttelnd weiter. Sie hatte vor zwei Minuten einen Blick auf die Stelle, die selbstverständlich genau so steil war wie der Erste, wir sind im
"Hochallgäu" das hoch kommt irgendwo her. Das Schild kann sie auch nicht übersehen haben. Ich ärgere mich und gehe noch schneller weiter.
An der Nebelhornbahn angekommen kapituliere ich und stelle fest, dass ich für die nächsten zwei Stunden dem Tourismus mit seinen "Hobby-Bergsteigern" wohl nicht entkommen kann und beschliesse
spontan im Edmund-Probst-Haus Halt zu machen. Ich werde belohnt. Ich muss zwar ein bisschen warten, da die Terrasse gerammelt voll ist, aber das Johannisbeerschorle gepaart mit dem weltbesten
Kaiserschmarren den ich je gegessen habe, entschädigt mich um ein vielfaches. Vielleicht ist Trek'nEat und Müsliriegel auf Dauer doch nicht die perfekte Ernährung ;-). Als ich auch noch, ohne
eine Übernachtung gebucht zu haben, duschen darf, ist der kurze Aufenthalt hier perfekt.Ich ziehe weiter.
Vom Edmund-Probst-Haus gehe ich weiter unterhalb des Hindelanger Klettersteigs in Richtung Gratkopf (2.172m). Ich habe die Via Alpina (violett) verlassen und bewandere nun die "Wandertrilogie
Himmelsstürmer" vielleicht ist deshalb eine "Himmelsleiter" entlang des Weges aufgestellt. Auf diesem Weg kommen mir sehr viele ausgepowerte Klettersteiggeher entgegen. Nach dem Ausstieg führt
dieser Weg zurück zur Seilbahn. Zwei Jungs laufen mit sichtlichem Abstand untereinander, an mir vorbei. Der zweite hat eine blutende Wunde mit einem provisorischem Pflaster verbunden an der
Stirn. Glimpflich, aber offensichtlich nicht nach Plan muss der Tag verlaufen sein. Nah, spätestens in der Seilbahn werden sie wieder miteinander reden und froh sein, dass es nur bei einer
Platzwunde geblieben ist. Ich wollte den Klettersteig in meine Tour einbauen, habe aber dann doch darauf verzichtet und stelle fest, dass es gut war. Hier ist viel zu viel los und ich hätte einen
zusätzlichen Tag dafür einplanen müssen, damit ich ihn früh morgens angehen kann. Gut so, der Weg ist auch so schön. Nachdem die letzten Kletterer passieren, komme ich an den Koblatsee, der
mir endlich das lang ersehnte Bad in einem Gebirgssee beschert. Ich bade, sonne mich eine Weile um dann, es ist bereits nach 17:00 Uhr weiter zu gehen und einen Biwakplatz zu suchen, weg von den
Seilbahntouristen. Ich möchte auf jeden Fall hoch zum Grossen Daumen (2.280m) und mir dort einen Biwakplatz suchen. Ich verlasse die "Wandertrilogie Himmelsstürmer" und beginne den Aufstieg zum
Grossen Daumen. Am Gipfel angekommen schiesse ich schnell ein Gipfelfoto und schaue hinüber zum Kleinen Daumen (2.197m). Ein Blick auf die Uhr, hmm noch Zeit, ich gehe weiter. Zum Kleinen Daumen
ist es eine 3/4 h, das ziehe ich noch durch. Allerdings stelle ich fest, dass es immer felsiger wird, ich befinde mich eine einem alpinen Steig mit kaum Platz um ein Zelt aufzustellen. Auf halber
Strecke finde ich eine geeignete Stelle und schlage mein Lager auf. Ich befinde mich auf 2.273 m mein höchstes Lager bisher. Ich bin etwas verunsichert, da zwar laut Wetterbericht kein Gewitter
zu erwarten ist, aber das weiss man ja nie. Ich blicke weit bis hinter Oberstdorf und sehe eine Gewitterwolke, die ziemlich bedrohlich aussieht. Das Grummeln am Horizont macht mich ebenfalls
nervös. Für ein Gewitter habe ich mir den schlechtesten, ja gefährlichsten Platz ausgesucht der hier zu finden ist. Ich versuche den Wetterbericht zu aktualisieren, verdammt. Vor ner halben
Stunde noch LTE jetzt: Nichts! Kein Empfang. Ich werde unruhig, wäge ab. Hier bleiben, zurück zum Edmund-Probst-Haus dem Gewitter entgegen, vorwärts Richtung kleiner Daumen über einen steilen
felsigen Grat bei einsetzender Dunkelheit? Alles keine vernünftigen Optionen. Ich beschliesse abzuwarten, erkunde das Gelände nach geeigneten Stellen um das Gewitter schadlos zu überstehen. Wenig
Optionen muss ich zugeben. Ich zweifle an meiner Entscheidung aus lauter Euphorie, hier oben zu biwakieren. Egal jetzt bin ich da. Meine Optionen und Möglichkeiten mich vor einem Gewitter zu
verstecken habe ich abgecheckt. Jetzt heisst es abwarten. Ich verkrieche mich in mein Zelt, es ist 21:00 Uhr die Dunkelheit setzt ein. Eine Stunde später leichter Wind und Regen, keine guten
Zeichen. ich warte ab. Zwei Stunden später, der Regen hat aufgehört, der Wind hat sich gelegt, endlich Entwarnung ich kann schlafen.
Nochmal Glück gehabt.
Aufgewacht um halb sechs. Schon wieder ein sensationeller Sonnenaufgang über den Allgäuer Hochalpen. Wahnsinn, deswegen bin ich hier. Und gleich gehts weiter, der Kleine Daumen (2.197m) wartet.
Eine wunderschöne Gratkraxelei, ausgesetzt und perfekt zum Wachwerden im Sonnenaufgang, führt mich auf den Gipfel des Kleinen Daumen, den ich um 6:45 Uhr erreiche. Garantiert Erster;-) Der
Berg hat noch eine Überraschung parat, das Gipfelkreuz wurde vom Fussballclub meiner Heimatstadt Donaueschingen erstellt, als ich gerade mal 10 Jahre alt war. Schöner Zufall und Gruss an alle
DJK'ler. Mit Wehmut denke ich an das was vor mir liegt, der Abstieg steht bevor, das Ende der Tour naht. Aber vorher gibt es noch ein paar Köstlichkeiten, der Aufstieg war schon mal super, nun
geht es in Klettermanier den Kleinen Daumen hinab, und das am frühen Morgen. Da kommt gute Laune auf. Der erste Gipfel und ne Kletterei vor 7:00 Uhr, Klasse. Deutlich sanfter führt der Weg nun
zur Heubartspitze (1.897m), von dort über dien Rotspitz (2.033 m) so dass ich bereits um 9:00 Uhr drei Gipfel erklommen und eine kleine Kletterei hinter mir habe. Ab nun beginnt tatsächlich der
Abstieg der erst steil und felsig dann immer sanfter durch den Wald ins Tal führt. Am Häbelsgund beginnt ein hässlicher Abstieg über einen, von Forstarbeitern in den Wald geschlagenen, einem
bravem Zickzack folgenden, langweiligen Kiesweg. diese schneidet sich so exakt und absolut unspekatkulär durch die Landschaft als wäre er mit der Nähmaschine direkt in die Karte
gestochen worden. Einige gestresste Wanderer kommen mir im Aufstieg entgegen, wenn die wüssten, dass der Weg noch eine ganze Weile so weiter geht und sich das schöne Allgäu erst weiter oben
in seiner vollen Pracht offenbart. Am Ende dieses nervigen Abstieges kreuzt der Weg die Bsonderach, welche ich zu einem erneuten Bad nutze. Auch hier stockt mir der Atem von der bei weitem nicht
so kühl erwarteten Wassertemperatur. Erfrischt und vom Schweiss befreit, kehre ich in die Zivilisation zurück. Entlang des Jägersteigs nähere ich mich der Ortschaft Hinterstein, über der ich vor
5 Tagen in einer Höhle mein Abenteuer begonnen habe. Bad Hindelang, genauer der Ortsteil Bad Oberdorf, von dem aus ich gestartet bin, ist von hier aus bereits deutlich zu erkennen. Ich werde
immer langsamer, anscheinend wehrt sich alles in mir gegen das Ende dieser Tour. Gelangweilt schlendere ich durch Bad Oberdorf zu meinem Auto, das mich bereits erwartet. Ich habe noch
genügend Zeit nach Oberstaufen ins Allgäu Outlet zu fahren und mir in aller Ruhe neue Trekking Schuhe mit einer "Contagrip"-Sohle für optimale Haftung auf unterschiedlichen Untergründen zu
kaufen. Die Alten schmeisse ich noch im Allgäu in die Tonne.
Ich fahre weiter nach Oberstdorf und schlendere durch die Innenstadt als sich bereits ein heftiges Gewitter in den Bergen ankündigt. Ich ziehe mich zurück in mein Zimmer im Landhotel und freue
mich darüber, dass ich für meine Tour den optimalen Zeitraum gewählt habe. Ein kräftiges Gewitter zieht über Oberstdorf, aber ich habe ja ein Dach über dem Kopf.
Ich habe 6 wunderschöne Tage hinter mir, bin über 7.300 m auf- und genau soviel abgestiegen, ich habe 103 km zurückgelegt und war insgesamt 29 1/2 h auf den Beinen. Diesen Trip werde ich so
schnell nicht vergessen, und baldmöglichst den Nächsten antreten.
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Peter Opfer (Freitag, 20 Mai 2016 17:25)
Hallo Stefan, die Seilbahn zur Hermann v. Barth Hütte ist aber nur eine Materialseilbahn - von dem Kalten Winkel hättest du doch noch auf den Hochvogel gehen können!?
Gruß Peter (p-opfer@gmx.de)
Stefan Zimmermann (Samstag, 21 Mai 2016 11:30)
Hallo Peter, dass das ne Materialseilbahn ist wollte ich wohl in dem Moment nicht sehen...
Du hast recht, über den Kalten Winkel wäre das nur ein kleiner Abstecher gewesen. Irgendwie wollte ich dann wohl doch nicht mehr und der Hochvogel läuft ja auch nicht weg. So habe ich schon einen Grund noch einmal in diese herrliche Gegend zu kommen.