6. Etappe GR 20, Corse, France

6. Etappe  Castel de Vergio - Refuge de Manganu



 bergwanderung

12.06.2012
8,3 km
6:27 h
1.272 m up / 1.046 m down

GR 20 6. Etappe


 Forêt Ferko - Ferko's Forest


7:30 Uhr

Nach einer komplett durchregneten Nacht und völlig entgegen dem Wetterbericht sieht es nicht gerade toll aus, als ich aus meinem Zelt luge. Meine Freude über den Campingplatz gestern war so groß, dass ich beschloss meine Socken, Unterhose Schlauchtuch und T-Shirt zu waschen. Zum Trocknen habe ich die Sachen auf den Zaun gehängt, leider waren Petrus und Steven sich dieses Mal einig, meine Sachen brauchten noch einen Spülgang. Ich packe sie ein, nass wie sie sind und marschiere los. Auf diesen Höhen unterhalb der Baumgrenze erstrecken sich die korsischen Wälder und in diesen Wäldern sind sie zu Hause, die korsischen Wildschweine. Eigentlich sind es ja wilde Hausschweine bzw. domestizierte Wildschweine. Sie sind indigen, d. h. Sie kommen nur hier auf Korsika vor. Sie müssen sich im Laufe der Jahre durch eine Kreuzung von Hausschweinen und Wildschweinen entwickelt haben. Sie gehören jeweils zu einem Hof bewegen sich jedoch völlig frei durch die korsischen Wälder. Auf dem Foto sieht man dann eben die Spuren, der halbe Wald ist umgegraben von der Suche nach den korsischen Chataîgnes (Kastanien). Diese geben dem Fleisch der korsischen Wildschweine den unvergesslichen Geschmack. Jeder der einmal eine korsische Salami probiert hat, weiss wovon ich spreche. Die Kastanien sind hier Grundnahrungsmittel, daraus wird das korsische Bier gebraut (Pietra), Marmelade wird daraus gemacht und vieles mehr.

Wer sich jetzt wundert warum der Eintrag so heißt, kennt Ferko nicht. Ferko ist ein entfernter Verwandter der korsischen Schweine den wir Albi und Steffi zum Einzug in ihr Haus geschenkt haben. Dieses Bild hätte auch in ihrem Garten gemacht werden können...

Nur fürs Protokoll ich schreibe diese Zeilen sitzend auf einem Fels mit Blick auf die korsischen Wälder, auf die es die ganze Zeit regnet. Das Schreiben durch die wasserdichte Hülle (ich hätte der Dänin keine geschenkt wenn ich nicht mindestens noch eine im Rucksack gehabt hätte) fällt schwer, da ich die Worte durch die Regentropfen auf der Hülle kaum erkennen kann. Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. Hoffen wir mal, dass der Wetterbericht sich bald bewahrheitet und die Sonne bald wieder lacht.


12:08 Uhr Lac de Ninu

Das schönste an dieser Wanderung ist dessen Vielseitigkeit. Die ersten Tage schroffer Fels, jenseits der Baumgrenze mit steilen Abhängen, nun sanfteres Gelände mit viel Wald. Die Landschaft ändert sich ständig. Was mir an Korsika besonders gut gefällt sind die uralten knorrigen, riesigen Bäume, die immer wieder einzeln, dann in Gruppen, dann 2 oder 3 dicht beieinander zwischen flachem Gestrüpp aufragen. Die Stämme messen locker 1,5 bis 2m. Sie sind so erhaben, teilweise vom Wind so gebeugt, dass sie immer wieder die bizarrsten Formen annehmen, anders als unser durchaus geliebter Schwarzwald. Am besten gefallen mir die Pinien, auch genannt die "Mittelmeerkiefern" ich hab so viele Bilder davon gemacht, dass das ein eigenes Album geben würde. Einen von den korsischen Bäumen kennt jeder, der sich mit dem GR 20 auseinandersetzt. In jedem Buch in jedem Blog und bei jeder Google-Bilder-Suche nach Korsika oder GR 20 taucht ein Bild von diesem Baum auf. Der Stamm noch einigermaßen gerade ist die Baumkrone derart in den ständig blasenden Wind geneigt, wie eine Zuckerwatte vom Stengel hängt, wenn man nicht aufpasst und irgendeiner einen anrempelt. An diesem Baum bin ich heute vorbeigelaufen, bzw. ich wäre fast an ihm vorbeigelaufen. Der dreistündige Aufstieg war heute so dermaßen vernebelt, dass man mit Mühe 10m weit sehen konnte.


Ich habe geschworen, auch wenn es jeder tut, ich brauche ein Bild von diesem Baum. Ich habe ihn nicht geknipst, sondern seinen Nachbarn, der ähnlich aussieht und dazu noch völlig im Nebel. So habe ich doch noch mein eigenes Bild! Dieses Bild und viele andere werde ich hier online stellen, sobald ich wieder zu Hause bin, das geht von unterwegs nicht. Ausserdem müssen die ja noch gesichtet werden. Nach dem Anstieg kommt man über den Bocca a Reta (1.883m) um dann zum Lac de Ninu abzusteigen. Das Bild, dass sich nun auftut ist völlig überraschend. Zuallererst haben die Wettergötter Erbarmen, der Nebel verzieht sich und stellenweise tun sich sogar die Wolken auf. Auf der linken Seite leuchtende grasgrüne, saftige Wiesen die einem eher an das schottische Hochland erinnern, als an Korsika. Die Wiesen gleichen einem Hochmoor, immer wieder riesige Pfützen und Teiche, mitten in den saftigen Wiesen. Auf den Grünflächen stehen ruhig grasend an die 20 Pferde. Das Wasser dieser Wiesen fließt sanft nach rechts in einen See der ebenfalls umringt von den grünen Grasflächen ordentlich, fast typisch deutsch eingefasst ist. Dieses Tal, dieser Kessel erinnert mich von der Form her fast an das Nördlinger Ries, welches ebenfalls so unerwartet flach in der Landschaft liegt. Ganz rechts, am Ende dieses Kessels in Richtung Tal, liegt sanft am Hang eine Bergerie mit ein paar Ziegen und ein paar Kühen. Auf dem Hauptgebäude weht stolz die korsische Flagge, ein Mohr mit einem weissen Stirnband, schwarz auf weißem Grund. Die Korsen haben sich immer als Korsen gefühlt und wollen bis heute nicht zu Frankreich gehören. Deshalb sind sie auch stolz auf ihre eigene Flagge. Wenn ich jemals auswandern sollte, dann müsste mein Tal genau so aussehen wie dieses hier. Fast beneide ich den Hirten um sein kleines Paradies hier oben. Ganz rechts fällt das Wasser des Sees stürzend ins Tal und die Landschaft ändert sich abermals, sie ähnelt jetzt Waltons-Mountain sofern dass noch jemand ein Begriff ist. Felsiges Gebirge durchzogen von saftigen Wiesen, ich seh fast Johnboy hier rumhüpfen.


PS: Das Bild, welches ich als Titelbild gewählt habe, wurde von mir selbst gemacht. Ich habe bestimmt eine Dreiviertelstunde daran herumgetüftelt, aber ich wollte es genau so! Das war ein bisschen Arbeit, aber ich hatte ja eh nichts anderes zu tun. Zum Einen habe ich mir erst den Sticpick mit dem Glif (ein IPhone-Halter zum Aufstecken auf den Trekking-Stock) auf meinen Stock montiert, dann das iPhone reingesteckt. Nun den geeigneten Platz für die Kamera (das iphone) gesucht, damit der Blickwinkel passt, dann musste ich irgendwie meine Konstruktion an einem Gebüsch befestigen, damit sich die Kamera nicht verstellt. Nun die App TimerCam gestartet und den Timer auf max. (30s) gestellt, dann schnell losrennen, auf den Stein springen, den Rucksack schnappen überwerfen und so gucken als stünde ich eh schon da...

Ich hoffe es ist gelungen, ich hab das Spiel 4 x gemacht und muss jetzt erst mal zu Hause schauen, ob sich der Stress gelohnt hat...

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